Medienmitteilung: «Im Dazwischen» - die belarussische Übersetzerin Iryna Herasimovich an der Generalversammlung des A*dS

Aus aktuellem Anlass debattierten die Autorinnen und Autoren der Schweiz an der diesjährigen Generalversammlung zum 20. Jubiläum des gesamtschweizerischen Berufsverbands A*dS über die Freiheit der Meinungsäusserung. Dafür lud der A*dS die belarussische Übersetzerin, Essayistin und Kuratorin Iryna Herasimovich für ein Gastreferat mit dem Titel «Im Dazwischen: Ideologien versus Erfahrungen» ein.

Solothurn, 27. Mai 2022. – Zahlreiche Autorinnen und Literarische Übersetzer aus der ganzen Schweiz reisten gestern nach Solothurn, um die 20. Generalversammlung des gesamtschweizerischen Berufsverbands A*dS zu begehen. Wie jedes Jahr bildet sie den inoffiziellen Auftakt zu den Solothurner Literaturtagen. Thematisch stand die Freiheit der Meinungsäusserung im Zentrum. Ausserdem wurde gewählt: die Autorin Katja Alves ist neue Vizepräsidentin des A*dS, Nicolas Couchepin wurde als Präsident wiedergewählt, Barbara Sauser und Andreas Russenberger sind neu im Vorstand.

«Im Dazwischen … fürs gegenseitige Kennenlernen, für das mehrstimmige Gespräch, für Imagination jenseits von neuen und alten Ideologien»

«In Belarus sind wir für Außenstehende immer noch entweder verfolgte Dissidenten, feurige Vertreterinnen der Protestbewegung oder waschechte Anhänger des Regimes. Ich kenne aber sowohl von den einen noch von den anderen nur wenige, vielmehr welche vom Dazwischen,» äusserte sich gestern die belarussische Übersetzerin, Essayistin und Kuratorin Herasimovich in ihrem Gastreferat und plädierte dafür, dass «die Literatur zu einem Raum fürs Aufarbeiten von schwer fassbaren Erfahrungen werden kann, fürs gegenseitige Kennenlernen, für das mehrstimmige Gespräch, für Imagination jenseits von neuen und alten Ideologien.» Die an der Generalversammlung des A*dS anwesenden Autorinnen und Autoren unterstrichen die Notwendigkeit zur Offenheit und Neugier beim literarischen Schreiben, aber auch beim Lesen der Literaturen dieser Welt. Sie plädierten dafür, dass sich der Berufsverband bedingungslos und wo nötig öffentlich und vehement für die Freiheit der Meinungsäusserung einsetzt und Räume für den offenen Austausch schafft. In diesem Sinne begrüssen sie die Initiative und das Engagement des A*dS für das europäische Gemeinschaftsprojekt zur Unterstützung von belarussischen, ukrainischen und russischen Autorinnen und Autoren.

#FreeAllWords – eine Million Worte für Frieden und Meinungsfreiheit

Seit im Oktober 2021 bekannt wurde, dass der unabhängige Verband belarussischer Schriftstellerinnen und Schriftsteller neben über 50 weitere Organisationen auf staatliche Anordnung aufgelöst wurde, drängten sich gemeinschaftliche Unterstützungsaktionen für Schreibende auf. Der Krieg in der Ukraine verstärkte diese Notwendigkeit. In Anbetracht der gegenwärtigen Situation in der Ukraine, in Belarus, aber auch in Russland will der in den letzten Wochen geäufnete Text- und Übersetzungsfonds #FreeAllWords dort verfolgten und kriegsbedrohten Autorinnen und Autoren Gehör verschaffen – in Europa und auf der ganzen Welt. Dafür werden Übersetzungen ihrer Texte, ihrer Meinungen, ihrer Poesie und ihrer schriftlichen Zeugnisse der Gegenwart aus diesem Fonds in europäische Sprachen finanziert und in unterschiedlichen Medien veröffentlicht. Ziel sind mindestens eine Million veröffentlichter Worte für Frieden und Freiheit der Meinungsäusserung, für die Verständigung zwischen Kulturen und Nationen, sowie als zentraler Beitrag bei der Überzeugungsarbeit für eine freie, demokratische, friedliche und integrative Gesellschaft.

Dabei handelt es sich um ein europäisches Unterstützungsprojekt, iniitiert von den Autorinnen- und Autorenverbänden A*dS, Forfatterforbundet aus Norwegen und der Union of Belarussian Writers, unter dem Dach des europäischen Dachverbands European Writers’ Council EWC (mit 46 Mitgliedorganisationen aus 31 Ländern). In der Schweiz wird das Projekt bisher von der Landis & Gyr Stiftung und von der Sophie und Karl Binding Stiftung unterstützt. Weitere Spenden sind willkommen (Kontakt via das A*dS-Sekretariat).

Katja Alves neue Vizepräsidentin, Barbara Sauser und Andreas Russenberger neue Vorstandsmitglieder

Als Nachfolgerin von Annette Hug wählten die rund 90 anwesenden Autorinnen und Autoren Katja Alves zur neuen Vizepräsidentin des A*dS. Katja Alves ist in Coimbra, Portugal, geboren und in der Schweiz aufgewachsen. Sie arbeitete als Buchhändlerin, Konzertveranstalterin, Journalistin, Kolumnistin, Spielerfinderin, Inputerin und Rundfunkredakteurin. Für Radio SRF schrieb sie mehrere Hörspiele. Heute ist sie hauptsächlich als Kinderbuchautorin, Lektorin und Projektleiterin tätig. Sie schreibt Theater, Hörspiele, Vorlesegeschichten und Kinderromane, die teilweise in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden. Sie gibt Schreibwerkstätten und leitet als Dozentin regelmässig Weiterbildungskurse zum Thema Kinderbuch an der pädagogischen Hochschulen PHNW. Seit 2019 ist sie zudem als Leiterin Projekte im Jungen Literaturlabor JULL in Zürich tätig. Katja Alves lebt mit ihrer Familie in Zürich.

Mit der Wiederwahl des Präsidenten Nicolas Couchepin und der Wahl zweier neuer Vorstandsmitglieder ist das strategische Gremium des A*dS schliesslich wieder komplett: Die literarische Übersetzerin Barbara Sauser lebt in Bellinzona und vertritt im A*dS die italienischsprachige Literatur. Der in Erlenbach am Zürichsee lebende Krimiautor Andreas Russenberger übernimmt den freigewordenen deutschsprachigen Sitz.

 

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