Berufsbild Autor*in

Mit dem Beruf Autor*in sind folgende Typen von Schreibenden gemeint: Schriftsteller*innen literarischer Texte (fiktional oder nicht-fiktional, z.B. Belletristik, Lyrik, Sachbuch, Kinder- und Jugendbuch); Bühnenautor*innen (u.a. Liedermacher, Slamerinnen, Rapper oder Spoken Poets); Literarische Übersetzer*innen; Autor*innen von Hör- und Fernsehspielen; Autor*innen von Bühnenstücken; Drehbuchautor*innen; Comics- und Graphic-Novel-Autor*innen; Autor*innen anderer literarischer Ausdrucksformen (z.B. räumliche Textinstallation, neue Formen der Literatur, kulturpublizistische Werke). Dazu kommen weitere schreibende Berufsgruppen, wie Journalist*innen und wissenschaftliche Autor*innen, die in verschiedenen Aspekten jedoch anderen Kriterien folgen als freie literarische Autor*innen.

Die Berufe «Autor*in» und «Literarische Übersetzer*in» sind keine geschützten Berufsbezeichnungen, deswegen aber nicht schutzlos. Aller Arbeit von professionell schreibenden Autor*innen und Übersetzer*innen ist gemein, dass ihre Werke als eigenständig geistige Schöpfungen dem Urheberrecht unterstehen, sie sich kontinuierlich literarisch betätigen und einen wesentlichen Beitrag zum literarischen Leben leisten. In diesem Sinne sind auch Übersetzer*innen Autor*innen. Alle Tätigkeiten sind den professionellen Ge­pflogenheiten entsprechend geregelt. Aber unabhängig davon, ob über einen der wenigen formalen Bildungswege oder eine autodidaktische Auseinandersetzung: Autor*innen und Übersetzer*innen definieren die Ansprüche an ihren Beruf und dessen Ausübung gleichermassen selbst, wie sie auch von professionellen Strukturen des gesamten Literaturbranche abhängig bleiben.

In der Schweiz existiert erst sein 2006 eine Fachhochschulstudium für literarisches Schreiben, die von den Autor*innen gegründet wurde und in der heute zahlreiche Autor*innen unterrichten, die mehrheitlich selbst noch Autodidakt*innen sind. Das Centre de Traduction littéraire der Universität Lausanne bietet seit 1989 eine Plattform für den akademischen Diskurs rund um das literarische Übersetzen. Ausser diesen beiden Aus- und Weiterbildungsangeboten auf (Fach-)Hochschulebene wird literarisches Schreiben und Übersetzen nur über öffentliche und private Kursangebote abgedeckt. Nur wenige Autor*innen und Übersetzer*innen haben daher eine spezielle Ausbildung in literarischem Schreiben, sondern sind vielmehr Autodidakt*innen. Aufgrund dieser Ausgangslage und ihrer tiefen Einkommen werden Autor*innen häufig als Personen mit einem schönen Hobby angesehen.

Viele Autor*innen und Übersetzer*innen sind ganz oder teilweise selbständig erwerbend. Die kantonalen Steuerbehörden akzeptieren sie jedoch häufig nicht als Selbständigerwerbende, weil der Einkommensanteil aus der Literatur zu klein ist. Oft wird das Einkommen aus der direkten literarischen Tätigkeit ergänzt durch Teilzeitarbeit einerseits literarischer Natur (z.B. Unterricht, Journalismus, Werbetexten), zum anderen auch in anderen, literaturfernen Branchen. Da der Hauptfokus auf der Literatur bleibt, handelt es sich dabei nur selten um überdurchschnittlich gut bezahlte Jobs, die zudem wertvolle Zeit in Anspruch nehmen, die Autor*innen nicht für das Entwickeln und Schreiben von Texten aufwenden kann.

Im Kultursektor herrscht häufig Verwirrung über die verschiedenen Formen der Erwerbstätigkeit. Wer ist selbstständig erwerbend, wer freischaffend, wer ist ein Freelancer und wer ein*e freie*r Mitarbeiter*in?

Die Bezeichnungen «freischaffend» oder «Freelancer» existieren in der Schweiz offiziell nicht. Für das Steueramt und die AHV-Ausgleichskassen gibt es nur den Unterschied zwischen selbstständig erwerbend und unselbständig erwerbend. Sie entscheiden, wer wie eingestuft wird. Dabei gibt es bei vielen Kunstschaffenden Mischformen. Sie sind z.B. in einem Kulturbetrieb oder auch in einem kulturfernen Betrieb mit einem Teilpensum unbefristet angestellt und daneben entweder mit kleinen, befristeten Anstellungen freischaffend – oder sie sind für einen Teil ihres Einkommens selbstständig erwerbend.

Wer gilt als selbstständig erwerbend?
Als selbstständig erwerbend gilt, wer für seine Tätigkeit nicht angestellt ist, für diese Tätigkeit das wirtschaftliche Risiko selber trägt und aus dieser Tätigkeit nach Abzug der Geschäftsunkosten einen Gewinn erzielt. Die Anerkennung der selbstständigen Erwerbstätigkeit setzt die vorherige Selbstanmeldung bei der AHV-Ausgleichskasse[1] des Wohnkantons voraus.

AHV-Prüfkriterien der Selbstständigkeit:

Der/die Kunstschaffende

>> handelt im eigenen Namen und stellt selber Rechnung,
>> trägt das finanzielle Risiko selbst (Inkasso, Unkosten, Verluste),
>> tätigt erhebliche Investitionen (Infrastruktur und Betriebsmittel wie Computer, Atelier usw.),
>> führt Aufträge für mehrere Auftraggeberinnen und Auftraggeber durch und ist wirtschaftlich nicht abhängig von einem einzelnen Auftraggeber oder einer einzelnen Auftraggeberin,
>> ist frei in der Wahl der Betriebsorganisation (Form, Ort, Arbeitszeiten usw.) und nicht weisungsabhängig,
>> hat eigene Geschäftsräume (Atelier, Studio, Büro etc.).

Diese Liste ist nicht abschliessend. Es müssen nicht alle Punkte erfüllt sein, situativ sind es in der Regel deren drei bis fünf.

Typischerweise sind vor allem Autor*innen und bildende Künstler*innen selbstständig erwerbend. Musiker*innen arbeiten vielfach in Mischformen

Was ist freischaffende Erwerbstätigkeit?
Freischaffende Künstler*innen sind nicht selbstständig erwerbend, sondern Arbeitnehmer*innen mit (häufig) wechselnden, zeitlich begrenzten Anstellungen. Sie haben entsprechend mit jeder Arbeitgeberin bzw. jedem Arbeitgeber einen Vertrag. Dieser muss nicht schriftlich vorliegen, eine mündliche Vereinbarung oder auch schon die Aufnahme der Erwerbstätigkeit schaffen ein Arbeitsverhältnis. Es können auch gleichzeitig mehrere Anstellungsverhältnisse vorliegen.

Typischerweise sind vor allem im Theater, Film oder Tanz tätige Künstlerinnen und Künstler freischaffend, da sie jeweils für eine Produktion mit zeitlicher Begrenzung angestellt sind. Die Sozialversicherungsabgaben werden von der Arbeitgeberin bzw. vom Arbeitgeber einbezahlt und zur Hälfte vom Lohn bzw. Honorar abgezogen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Lohn bzw. das Honorar im Stunden- oder Monatsansatz oder als Pauschale (Gage usw.) ausgerichtet werden. Für Angestellte im Kulturbereich sind die Sozialversicherungsabgaben auch für geringfügige Löhne, das heisst, ab dem ersten Franken obligatorisch zu entrichten. Die Freigrenze von CHF 2'300 ist nicht anwendbar. Da diese Gesetzesreglung weitgehend unbekannt ist, müssen Kulturschaffende in Kleinpensen ihre Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitsgeber nicht selten auffordern, die Sozialversicherungsleistungen einzubezahlen.

Bei der ALV gelten für Freischaffende bei der Berechnung der Rahmenfrist gesonderte Regelungen (Art. 12a AVIV). Trotzdem fallen viele Kunstschaffende mit wechselnden, zeitlich begrenzten Anstellungen im Fall einer Erwerbslosigkeit durch die Maschen.

[1] Manchmal sorgen die Begriffe AHV-Ausgleichskasse und SVA für Verwirrung. Die so genannten Sozialversicherungsanstalten (SVA) sind Kompetenzzentren in einigen Kantonen, die viele Sozialversicherungen unter einem Dach verwalten, so neben den AHV-Ausgleichskassen auch die Kassen für IV, EO, Zusatzleistungen, Mutterschaftsentschädigung, Familienzulagen und Prämienverbilligungen.

Weiterführende Informationen für Kulturschaffende zum Thema Sozialversicherungen bietet der Ratgeber von Suisseculture Sociale, www.suisseculturesociale.ch, Rubrik Sozialversicherungen.

Ausführliche Informationen zu selbständig erwerbend oder freischaffend? (pdf)

Literatur leistet einen unbestrittenen Beitrag an die Gesellschaft. Sie bietet den Menschen Reflexionsmöglichkeiten, erweitert den Horizont oder ist Projektionsfläche wie Innovationskraft für die Gesellschaft. Sie kann ebenso Denkanstoss wie Unterhaltung sein. Übersetzer*innen leisten darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Vielfalt, in dem sie die Literaturen der Welt in die Schweiz holen und den Zugang zur eigenen Mehrsprachigkeit erleichtern. Autor*innen stehen aber auch am Anfang der Wertschöpfungskette einer ganzen Branche (Verlage, Festivals, Buchhandel, Bibliotheken etc.) und tragen so grundlegend zum wirtschaftlichen Leben bei. In der kleinen Schweiz ist der Beruf der Autorin, des Übersetzers wirtschaftlich trotz allem selten lukrativ. Die meisten Autor*innen leben mit Einkommen am Existenzminimum oder im untersten Mittelstand.

Auch erfolgreiche Autor*innen in der Schweiz leben meistens von bescheidenen Einkommen. Bücherverkauf ist nicht lukrativ: Bei einer durchschnittlichen Erstauflage von 2000 Exemplaren in der Deutschschweiz entspricht das Gesamthonorar bei einem Ladenverkaufspreis von Fr. 20 und 8% Tantieme gerade einmal Fr. 3200. Ab 4000 verkauften Exemplaren gilt ein Werk in der Deutschschweiz allmählich als Bestseller. Bei 10‘000 Exemplaren erreicht man ein Honorar von Fr. 16‘000. In der West- und Südschweiz sind solche Zahlen noch mehr Seltenheit. Auftritte, die in der Regel einer Neuerscheinung folgen, verbessern das Einkommen, gehen aber der Zeit fürs Texteschreiben spürbar ab.

Professionelle Autor*innen leisten einzigartig Arbeit an der Sprache. Sie verbringen daher viel Zeit allein am Schreibtisch, mit der Entwicklung und Realisierung von Werken. Ein Buchautor beispielsweise veröffentlicht durchschnittlich nur alle zwei bis drei Jahre ein Buch. Der künstlerische Prozess läuft unablässig und ist zeitaufwändig, literarisches Schreiben ist auch ständiges Beobachten, Fragen, Lesen, Schreiben und Geschriebenes mehrfach Wiederverwerfen. Die Arbeit an der Sprache beinhaltet aber nicht nur das Schreiben von Büchern und Texten, von dem ehrlich gesagt niemand leben kann. Vielmehr gehören dazu auch das öffentliche Vortragen, das Vermitteln von Wissen und diverse andere Tätigkeiten. Deswegen setzen sich die Einkommen der meisten Autor*innen aus diversen Einzeltätigkeiten mit verschiedenen Gewichtungen von mittel bis winzig zusammen – von Tantiemen, Lesehonoraren über Schulworkshops bis zu Urheberrechtsentschädigungen.

Folgende Leistungen müssen mit jeder realen Entschädigung mitfinanziert werden:

>> Entstehungskosten für das Werk (Recherchen, Schreiben, Veröffentlichen)
>> Weiterbildung, insbesondere um das eigene Schreiben weiterzuentwickeln
>> Veranstaltung (Lesungen, Workshops etc.), Vorbereitung (inkl. allfällige konkrete Aufwände) und ggf. Nachbereitung, Reisezeit
>> Selbstmarketing und Kommunikation (Webseite, Social Media, Medienauftritte, Pflege persönlicher Kontakte im Literaturbetrieb etc.)
>> Administration (Gesuchstellung, Beantwortung von Anfragen, Meldung von Urheberrechtsentschädigungen, Buchhaltung, Steuererklärung etc.)
>> Infrastruktur (Ateliermiete, Computer, etc.)
>> Sozialversicherungsabgaben

Der A*dS hat über 1000 Mitglieder (Autor*innen, Übersetzer*innen aller literarischen Gattungen und aller vier Landessprachen, dazu verschiedener weiterer Sprachen). Der Verband übernimmt die Aufgabe der Standesvertretung und bietet den Autor*innen konkrete Unterstützung (z.B. Beratung) an.